Mensch vor Sache: Nettigkeiten müssen sein

01.12.2020 - Irène Wüest

Höflich ist es, einen Menschen mit einem Gruss und ein paar freundlichen Worten anzusprechen. Im Alltag würde kaum jemand auf die Idee kommen, einen anderen Menschen grusslos anzureden, um sogleich zur Sache zu kommen. Insofern ist es das Mindestmass an Höflichkeit in jeglicher Kommunikation (SMS, Whatsapp, Email) ebenfalls damit zu beginnen. D.h. aber nicht, dass jede SMS, Whatsapp, E-Mail in dieser Form zu eröffnen ist. Wenn mehrere Nachrichten innerhalb kürzester Zeit direkt hintereinander ausgetauscht werden, wäre es komisch, jedem Schreiben ein Grüezi etc. voranzustellen. Allerdings stellt sich hier die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, miteinander zu telefonieren statt im Minutentakt Botschaften hin- und herzuschicken. Liegt jedoch ein längerer Zeitraum zwischen den Nachrichten, empfiehlt es sich wiederum zur Grussformel, Anrede und Verabschiedung zu greifen.

Leider hat sich jüngst in E-Mails, SMS, sozialen Netzwerken etc. eingebürgert auf diese Höflichkeit zu verzichten. Dies mit oft negativen Auswirkungen.

Die Art und Weise wie wir den Informationsaustausch und das Miteinander im Unternehmen gestalten, wirkt sich direkt und unmittelbar auf das Arbeitsklima und die Produktivität aus. In dem wir etwas sagen/schreiben, teilen wir viel mehr mit als nur die rein sachliche Information.

Ein Beispiel. Stellen Sie sich vor, ich schreibe Ihnen folgendes E-Mail: "Meeting, 14.00h, Raum Süd." Wie geht es Ihnen dabei?

Und wie geht es Ihnen, wenn ich schreibe: "Guten Morgen Frau H. Darf ich Sie darauf hinweisen, dass unser Meeting um 14.00h im Raum Süd stattfindet. Danke. Gruss M." Die Sachinformation ist dieselbe, der Unterschied liegt in der Beziehung.

Version 1 wirkt auf viele Menschen sachlich, distanziert, unterkühlt, unpersönlich und hinterlässt ein unstimmiges Gefühl. In der Version 2 bringe ich Wohlwollen und Freundlichkeit zum Ausdruck und respektiere Sie als Mensch. Nicht nur beziehungsorientierte Persönlichkeiten brauchen diese Nettigkeiten und somit das Gefühl "ich werde als Mensch wahrgenommen und geschätzt", sondern wir alle benötigen den Gefühlsausdruck, um den Arbeitsalltag gut miteinander bewältigen zu können. Höflichkeit, Respekt, Anstand gehören zu diesem notwendigen Gefühlshintergrund. Wer dies auszuschalten versucht, unterliegt einem folgenschweren Irrtum. Missverständnisse, Konflikte, schlechtes Arbeitsklima können die Folge sein.

Grundsätzlich spiegelt die Art der Kommunikation die Art der Beziehung!

Wird nicht nur die Sachebene angesprochen, sondern auch die Beziehungsebene, eröffnet dies Möglichkeiten auch in schwierigen Themen kritische Anmerkungen zu machen, ohne dass diese falsch verstanden und als Angriff gewertet werden. Das Arbeitsklima wird aufgewertet und dies bekommen im Endeffekt auch die Kunden zu spüren.

Falls bei Ihrem Arbeitgeber das Nettigkeiten auszutauschen Tabu ist, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als dies zu akzeptieren. Umso mehr ist es wichtig, zu lernen damit umzugehen, um  nicht leer und krank zu werden. Pflegen Sie die Nettigkeiten, die für Sie das Leben und Ihre Sozialkontakte wertvoll machen insbesondere im privaten Umfeld. Tun Sie sich bewusst Gutes und scharen Sie Menschen um sich, die Freundlichkeit und Höflichkeit ebenfalls schätzen.