Der Airbag gegen Kritik

03.04.2021 - Irène Wüest

Menschen gehen unterschiedlich mit scheinbar harmlosen Äusserungen und Kritik um. Das Spektrum erstreckt sich von „wer mich kritisiert, bestimme ich“, wie Winston Churchill zu sagen pflegte, bis hin zu Menschen, die sich jeweils so fühlen, wie man sie von aussen bewertet: Wenn sie gelobt werden, fühlen sie sich gut; wenn sie kritisiert werden, dann fühlen sie sich schlecht. Gut ist, wenn man sich irgendwo im Mittelfeld bewegt. Denn wenn jede kritische Rückmeldung als unwahr oder unwichtig abgeschmettert wird, ist der Mensch nicht konflikt- und beziehungsfähig.

Wenn Sie hingegen immer alles auf die Goldwaage legen und jede noch so kleine Kritik mitten ins Herz trifft bzw. auf sich selbst beziehen, machen Sie Ihren Gemütszustand vom Gegenüber abhängig. Ist der „Daumen hoch“, dann ist alles gut; ist der „Daumen unten“ werden Sie von vernichtenden Gefühlen geradezu überflutet und fühlen sich vielleicht hilflos und den Tränen nahe. Für Ihr Umfeld ist das oft nicht nachvollziehbar. Denn obwohl die heftigen Gefühle im Hier und Jetzt ausgelöst werden (z.B. durch einen Blick, einen Satz), liegt die Ursache meist in der Vergangenheit. Die Zurückweisungen und Verletzungen, die man in der Vergangenheit erlebt hat, können im Erwachsenenalter immer wieder durchbrechen. Besonders schnell einsetzende, intensive Gefühle sind oft ein Hinweis auf Vorerfahrungen, die hochdrängen und sich in der Gegenwart breitmachen.

5 Erfolgsstrategien
Hier 5 Erfolgsstrategien, damit Sie ab heute nicht mehr alles persönlich nehmen und weniger sensibel zu reagieren.

  1. Nutzen Sie die Stopp-Taste
    Konzentrieren Sie sich auf Ihren Atemfluss anstatt auf Äusserungen instinktiv zu reagieren. Das schafft etwas Abstand zwischen sich und dem, was vorgefallen ist. Mehr noch, es hilft Ihnen den Verstand einzuschalten und die Situation sachlich zu analysieren, um sich von den Emotionen nicht mitreissen zu lassen.

  2. Klären Sie die Situation
    Haben Sie die Äusserung in den falschen Hals bekommen? Haben Sie vielleicht aus den Worten des anderen etwas herausgehört, was dieser nicht meinte?
    Die Chance, dass dem so ist, ist gross. Denn wir alle interpretieren die Worte anderer aufgrund von unserer seelischen Verfassung. Stellen Sie deshalb klärende Fragen wie „Habe ich dich richtig verstanden, dass …? Was meinst du damit?” Teilen Sie dem Gesprächspartner mit, wie Sie sich aufgrund seiner Äusserung fühlen.

  3. Fragen Sie sich
    Könnte an den Worten des Anderen etwas wahr sein?
    Das erfordert etwas Mut und die Bereitschaft, sich Fehler und Schwächen einzugestehen. Doch nur so können Sie sich weiterentwickeln und verbessern.
    Wenn an den Worten des anderen nichts dran ist, dann haken Sie die Bemerkung unter „Geht mich nichts an“ ab.

  4. Bauen Sie sich eine Schutzmauer
    Machen Sie sich klar, dass das was Sie persönlich nehmen, negativ interpretieren. Sagen Sie sich: „Ab sofort entscheide ich selbst, wie ich die Dinge bewerte und ob ich etwas persönlich nehme oder nicht. Ich bin frei, auch das Gute in der Äusserung zu sehen.”

  5. Der Körper wirkt auf den Gemütszustand
    Nehmen Sie in Anwesenheit von anderen Personen bewusst eine Körperhaltung ein, wie jemand, der sich vor nichts fürchtet: Schulterbreit stehen, Oberkörper aufgerichtet, Brust raus. Dann fühlen Sie sich weniger ängstlich, empfindlich.
    Lernen Sie z.B. boxen, damit Sie langfristig eine Körperhaltung bekommen, die signalisiert: Ich lass mich nicht kleinmachen!

Wenn all die Hinweise nichts nützen und die Belastung zu gross ist, suchen Sie sich professionelle Unterstützung, um den Ursachen auf den Grund zu gehen.