Irène Wüest

Klare Anweisungen - aber wie?

Geschrieben von Irène Wüest | 15.06.2025

Wie wir Anweisungen formulieren, sagt viel über unser Führungsverständnis aus – und beeinflusst massgeblich, ob unsere Botschaften gehört, verstanden und umgesetzt werden.

Ein Beispiel:
Eine Bereichsleiterin bereitet sich auf eine Präsentation vor dem Verwaltungsrat vor. Sie benötigt dafür dringend aktuelle Marktanalysen und möchte, dass ihr Assistent die Zahlen bis spätestens morgen früh zusammenträgt und aufbereitet.

5 Arten von Anweisungen

Gruppe 1: Sanfte Anregung / Empfehlung

"Vielleicht könntest du dir die aktuellen Markttrends nochmal anschauen … Es wäre sicher hilfreich für die Präsentation, wenn wir da ein Update hätten – nur, wenn es reinpasst."

Gut zu wissen:
Klingt freundlich und rücksichtsvoll – wirkt aber unklar. Für den Assistenten ist womöglich nicht ersichtlich, dass hier eine dringende Aufgabe übergeben wird. Der Handlungsdruck wird nicht vermittelt, und die Verantwortung bleibt in der Schwebe.

Gruppe 2: Wunsch / Frage / Bitte

"Könntest du bitte bis morgen früh die neuesten Marktzahlen zusammentragen? Ich würde sie gern in die Präsentation einbauen – danke dir."

Gut zu wissen:
Diese Form ist höflich und macht die Erwartung deutlich. Der Haken ist: Die Frage-Form lässt theoretisch Raum für Ablehnung oder Diskussion.

Gruppe 3: Klare Aufforderung / Arbeitsauftrag

"Ich brauche bis morgen früh eine Übersicht der aktuellen Marktanalysen – bitte bereite mir die wichtigsten Zahlen kompakt auf, damit ich sie in die Präsentation übernehmen kann."

Gut zu wissen:
Diese Formulierung ist sachlich, klar und verbindlich – sie sagt konkret, wer was bis wann tun soll und warum. Ideal im Führungsalltag, wenn Sie mit Respekt kommunizieren, aber dennoch Verantwortung übergeben wollen.

Gruppe 4: Forderung / Anordnung

"Sie bereiten jetzt sofort die Marktanalysen auf, damit ich morgen im VR-Meeting eine fundierte Aussage treffen kann – ich will das bis heute Abend auf dem Tisch haben."

Gut zu wissen:
Hier wird Führung durch Hierarchie sichtbar. In akuten Fällen kann das nötig sein – etwa bei Zeitdruck, kritischen Projekten oder wiederholtem Nichteinhalten von Absprachen. Allerdings sollten Sie diese Tonlage gut dosieren: Regelmässig so zu kommunizieren, beschädigt Vertrauen und Motivation.

Gruppe 5: Drohung / Konsequenz

"Wenn ich morgen ohne aktuelle Marktzahlen im Verwaltungsrat stehe, hat das Konsequenzen – ich habe das Thema bereits mehrfach angesprochen."

Gut zu wissen:
Drohungen sind Eskalation – keine Führung. Sie entstehen oft aus aufgestautem Ärger oder wiederholtem Pflichtversäumnis. Wenn Sie so kommunizieren, ist die Beziehungsebene bereits belastet. Besser: Konflikte frühzeitig ansprechen und Verantwortung klarer klären, bevor es so weit kommt.

Fazit

Mit welcher Anweisungsform fühlen Sie sich am wohlsten – und warum?
Und was tun Sie, wenn ein Mitarbeitender nicht so mitzieht, wie Sie es sich wünschen?

Die Art Ihrer Anweisung spiegelt Ihre Haltung als Führungskraft.
Wirkungsvolle Führung braucht Klarheit – aber nicht Härte.

Respektvoll formulierte, eindeutige Anweisungen – idealerweise auf Augenhöhe – fördern Verbindlichkeit, Verständnis und Motivation.

Am besten bewährt sich im Alltag ein Mix aus den Gruppen 2 und 3.
Freundlich, aber klar – nachvollziehbar, aber nicht unverbindlich.

 

Stellschrauben für Ihren persönlichen Anweisungsstil

Wie Sie Anweisungen formulieren, spiegelt Ihre Haltung als Führungskraft wider – und lässt sich je nach Situation und Beziehung fein justieren. Hier finden Sie zentrale sprachliche Stellschrauben, an denen Sie drehen können, um Ihren eigenen, authentischen Anweisungsstil zu entwickeln:

1. Konjunktiv vs. Indikativ

  • Konjunktiv ("könntest du…") wirkt höflich, aber oft unentschlossen
  • Indikativ ("kannst Du…") klingt klarer und entschlossener

Tipp: Trauen Sie sich, direkter zu werden –  Tonfall und Auftreten zeigen ohnehin Ihre Haltung.

 2. Füllwörter & Weichmacher

Beispiele: vielleicht, eventuell, ein bisschen, wenn’s passt. 
Sie wirken rücksichtsvoll, können aber auch Unsicherheit transportieren.

Tipp: Probieren Sie bewusst aus, wie sich Ihre Sätze ohne diese Wörter anfühlen – Sie werden überrascht sein, wie viel klarer sie klingen.

 3. 'Bitte' & 'Danke' – Dosierung entscheidet

  • Zeigt Wertschätzung und Höflichkeit.
  • Zu häufig kann es unterwürfig oder bittstellerisch wirken.

Tipp: Teste, in welchem Mass Sie "bitte" und "danke" einsetzen möchten – abhängig von Situation, Kultur und Beziehungsebene.

 4. Dringlichkeitsmarker

Beispiele: sofort, umgehend, unbedingt, direkt.
Diese Wörter verstärken die Verbindlichkeit Ihrer Aussage.

Tipp: Nutzen Sie diese gezielt, wenn es wirklich eilt – aber achten Sie auf die Balance zur Beziehungsebene.

5. Direkte vs. indirekte Formulierungen

  • Direkt: "Maria, bitte bereite die Analyse bis morgen vor."
  • Indirekt: "Die Analyse sollte bis morgen vorliegen."

Tipp: Direkte Ansprachen schaffen mehr Klarheit und Verantwortlichkeit.

 6. Fragen vs. Aussagen

  • Frage: "Könntest du das bitte übernehmen?"
  • Aussage: "Ich möchte, dass du das übernimmst."

Tipp: Reflektieren Sie, was Sie häufiger nutzen – und experimentieren Sie auch mal mit d er anderen Variante.
 

Fazit:

Führung beginnt auch beim Formulieren!
Prüfen Sie hin und wieder Ihre eigenen Sprachgewohnheiten – und justieren Sie gezielt nach. Kleine Veränderungen in der Sprache können grosse Wirkung entfalten – für Ihre Klarheit, Ihre Wirkung und das Vertrauen in Ihre Führung.

 


Führungscoaching

Sie möchten Ihren Einflussbereich klarer erkennen, bewusster gestalten und mit mehr Fokus führen? Als Coach stehe ich Ihnen sehr gerne zur Seite. Machen wir uns zusammen auf den Weg!

  Meine Coachingangebote  


In meinem Newsletter finden Sie regelmässig wertvolle Tipps zur Führungsarbeit. Gönnen Sie sich jetzt ein Gratis-Abo!  

   Zum Newsletter-Abo